Königskinder

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Wenn Mi von einer Welt ganz in Musik träumte, umgab sie eine dringliche Notwendigkeit. Diese junge Frau war todernst wild, und Mo begriff nicht, warum ihn das so anzog.

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Bei ihrem ersten Date hatte er von der Unendlichkeit erzählt. Von offenen und abgeschlossenen Mengen in der Mathematik. Davon, dass eine offene Menge, eingebettet in einem hochdimensionalen Raum, abgeschlossen ist.

Und Mi hatte ihn seltsamerweise verstanden. Sie hatte selbstgemachtes Milcheis auf den Balkon gebracht, und er hatte sie geküsst.

 

Sie sprach selten über Gefühle und niemals von Liebe. Sie sprach von Lebensabschnittspartnerschaften. Aber sie erzählte mit leuchtenden Augen von ihm. Er musste ihre Eltern kennenlernen, und sie freute sich wie ein Mädchen, wenn er sich wohlfühlte.

Man konnte Mi weniger in Worten als in Momenten verstehen. Sie fand ihn äußerst zutraulich, wenn er krank war. Sie bemitleidete ihn nicht – sie kochte Gemüsepampe.

Das Leben war einfach das Leben, poesierte Mo.

 

Mi war überzeugt, sie wären noch nicht bereit, sich eine Pizza zu teilen. Vielleicht würden sie es niemals sein. Also zogen sie durch die Nacht und kauften zwei.

Sie zeigte ihm den Hügel, auf dem sie einen Jungen geküsst hatte. Er träumte vor dem Piano-Fachgeschäft, das so schön im Dunkeln leuchtet. Sie unterhielten sich über alles und nichts – und ganz besonders oft über die Kunst im Augenblick. Sie waren frei und wild und ohne Gedanken.

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Liebe passiert nebenbei.

Sie trägt keine Rose und braucht keinen Altar.

Sie begegnet uns nackt

und vergeht, wenn wir sie verkleiden.

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Sie saßen in der Küche und tranken Rosenblütentee. Aus der Tasse mit den Tieren. Mo betrachtete die Schultern seiner Freundin. Sie flossen in Wellen um ihren Oberkörper und kitzelten etwas in ihm.

Wenn er traurig war, hatte er sich manchmal in ihnen vergraben, bis der grelle Alltag im Nebel einer Märchenwelt versank. Wie ein Höhlenbär.

 

„Du bist mir nicht vollkommen egal.“

Das Echo ihrer Worte erschlug ihn.

1931 hatte Gödel bewiesen, dass ein hinreichend komplexes System seine eigene Gültigkeit nicht beweisen kann.

Mi hatte ihn nicht mehr verstanden, und er war geflüchtet. Aus der Märchenwelt in die logische. Er wanderte durch leere Straßen zum Hotel.

 

In dieser warmen Frühlingsnacht fühlte es sich an, als sei der Himmel immer schon orange gewesen.

Mi war eine Traumfängerin. Keine, die den Kindern Märchen vorlas oder den Erwachsenen Gedichte im Theater. Sie mochte Whiskey und dunkle Schokolade. Und sie fluchte, wenn sie sich wohlfühlte.

Sie hatte ihm beigebracht, auf sich selbst zu achten. Dass man genügend Schlaf bekam und ein warmes Croissant am Morgen. Artgerechte Haltung hatte sie das genannt.

Ihr Lächeln blieb ihm. Man konnte es in seinen Liedern hören. In den wilden Tieren und flauschigen Geschichten.

 

Er erinnerte sich, wie sie im Bett gesungen hatte: „Wir sind Königskinder!“

Mo lächelte.